Angespielt: Minion Masters – Kleines Spiel für große Taktiker

Was ist eigentlich Minion Masters? Vielen dürfte der Titel des Entwicklers BetaDwarf bei Steam zumindest beim Stöbern schon einmal kurz ins Auge gefallen sein. Das Spiel erschien am 2. Dezember 2016 bereits auf Steam, befindet sich aber offiziell nach wie vor im Early Access. Welchen Eindruck der Titel beim Durchscrollen hinterlässt, ist allerdings fraglich. Auch ich dachte beim ersten Blick auf Screenshots des Spiels eher an einen billigen mobile Ableger eines MOBA Titels mit Dienerkarten. Weit gefehlt. Ich denke sogar, dass das Spiel eSport Potenzial besitzt. Warum das so ist, erfahrt ihr im ausführlichen Angespielt Bericht.

Als es Minion Masters kurzzeitig kostenlos gab, ließ ich mich dazu hinreißen mir das Spiel anzuschauen. Falsch machen kann man dabei ja nicht viel. Dass ich allerdings direkt über vier Stunden in meiner ersten Spielsession verbringen würde, damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. Doch was macht Minion Masters besonders?

Über das Spiel

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Die Spieloberfläche wirkt zunächst nicht allzu komplex. Quelle: BetaDwarf

Ohne weiter auf die genauen Mechaniken des Spiels zu achten wirkt Minion Masters beim ersten Ansehen von Gameplay wirklich simpel. Es gibt zwei Helden mit je einer eigenen Spielhälfte, die durch einen Fluss getrennt und durch zwei Brücken wieder miteinander verbunden sind. Das Ziel ist es, die Lebenspunkte der gegnerischen Basis im 1 gegen 1 oder 2 gegen 2 auf 0 zu reduzieren. Diesem Ziel kommt man näher, indem man durch das Ausspielen von Karten Kreaturen beschwört und Zauber wirkt. Die kleinen Monster wandern nach ihrer Erweckung in der eigenen Spielhälfte selbstständig in Richtung des Gegners. Was es dabei zu beachten gibt, dazu später mehr.

Simpel? Keineswegs. Denn bevor es überhaupt in den Kampf geht gilt es Einiges vorzubereiten. Man wählt einen von insgesamt neun sogenannten Dienermeister aus, der verschiedene Grundfähigkeiten mit sich bringt und sich auf verschiedene Strategien – je nach Kartenauswahl – spezialisieren lässt. Manche können besser mit Quantität, andere mit Qualität. Andere Meister profitieren besonders von Zaubern im eigenen Deck. Das liegt an den Vorteilen, die sie im Spiel nach und nach freischalten, aber auch dazu später mehr.

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Lediglich zehn Karten haben in unserem Deck Platz. Wählt mit Bedacht. Quelle: BetaDwarf

Der Deckbau

Hat man sich einen Meister ausgesucht geht es an den Zusammenbau des eigenen Decks. Dieses besteht im Gegensatz zu vielen anderen Deckbuilding-Games lediglich aus zehn Karten. Der Platz ist also knapp und wir müssen uns doppelt und dreifach überlegen, welche Karte wir in unser Deck stecken. Anfangs fällt die Auswahl leichter, da wir erst mit der Zeit alle Karten des Spiels freischalten und unsere taktischen Möglichkeiten erweitern. Das erfolgt über Tokens, die wir uns entweder mit Ingame-Währung erspielen oder mit Echtgeld kaufen können. Weshalb das Spiel trotzdem kein Pay2Win-Modell ist, erfahrt ihr später.

Wir wählen also aus robusten Nahkämpfern, fragilen Assassinen, Schützen, Magiern und allerlei Zaubern eine bunte Mischung an Karten, die uns im Gefecht zum Erfolg verhelfen sollen. Das funktioniert größtenteils nach einem Schere, Stein, Papier-Prinzip. Viele kleine Kreaturen sind gut gegen einzelne Tanks, Diener mit Flächenschaden machen kurzen Prozess mit einer Rattenhorde. Gegen Scharfschützen sehen viele Nahkämpfer wiederum alt aus. Und so weiter und so fort. Man kommt also taktisch mit logischem Denken sehr weit.

Der Kampf

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Alle Dienermeister bringen verschiedene Fähigkeiten und Talente mit sich. Quelle: BetaDwarf

Haben wir uns für einen Meister und zehn Karten entschieden, kann es endlich losgehen. Ein Spiel dauert dabei in der Regel tatsächlich nur etwa zwei bis acht Minuten. Von Sekunde eins an geht es also um alles. Wir beginnen mit einer zufällig ausgewählten Starthand von vier Karten und vier Mana (denn damit bezahlen wir unsere Einheiten und Zauber). Letzteres generiert sich mit der Zeit von selbst und kann nur schwierig in seiner Produktionsmenge verändert werden.

Mana-Management ist also das A und O. Verschenken wir Mana, verschenken wir das Spiel. Schon eine in den Nahkampf platzierte Schützeneinheit kann uns um Kopf und Kragen bringen. Einfluss darauf haben wir, da wir bei jeder Beschwörung die freie Wahl haben, wo genau auf unserer Spielfeldhälfte wir die Einheit beschwören wollen. Damit beginnt das Taktieren und der wirklich anspruchsvolle Teil des Spiels. Warten wir darauf, dass der Gegner sein Mana ausgibt, um die beschworene Einheit direkt zu kontern oder starten wir selbst schnell mit einer Karte, um den Druck auf den Gegner direkt aufzubauen? Dabei ist es wichtig darauf zu achten, dass wir regelmäßig den Kampf in die gegnerische Hälfte des Schlachtfeldes verlagern.

Das bringt uns zur zweiten essentiellen Grundregel und den Spezialfähigkeiten der Helden. Denn diese schaltet ihr über Erfahrungspunkte frei, die man sammelt solange man eine oder beide Brücken kontrolliert. Ziel ist es, das Spiel sehr schnell zu beenden oder mehr Erfahrungspunkte als der Gegner zu sammeln. Anders gesagt: Kontrolliere die Brücken länger als dein Gegenüber. Denn nach drei freigeschalteten spezifischen Heldenfähigkeiten verfallen die Dienermeister quasi als „vierte Fähigkeit“ allesamt in sogenannte Manaraserei. Überschüssige Erfahrungspunkte von den Brücken werden ab diesem Zeitpunkt in zusätzliches Mana umgewandelt, welches das Duell fast immer für die in Raserei befindliche Partei entscheidet.

Das Wertungssystem

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Nach dem Spiel bekommen wir in einer Übersicht unseren Rangfortschritt angezeigt.

Je nachdem ob wir alleine, mit einem zufälligen Partner oder mit einem Bekannten zusammenspielen, teilt sich das Wertungssystem in drei Ranglisten. Spielen wir in unserem Beispiel also alleine, haben unsere Ergebnisse nur Auswirkungen auf die Solo-Rangliste. Gewertet wird dabei jede Partie, ungewertete Spiele gibt es nicht. Ebenfalls ein Unterschied zu anderen Ligasystemen: Wir spielen keine Platzierungsspiele. Angefangen wird direkt in der untersten Spielklasse, die bei Minion Masters lustigerweise tatsächlich Holz heißt. League of Legends Spieler werden verstehen.

Klassischer sind anschließend allerdings die fünf Divisionen, durch die wir uns kämpfen, bevor es in die nächst höhere Liga geht. Auf Holz folgt Stein (an Humor mangelt es den Entwicklern wirklich nicht), darauf die typischen Ränge Bronze, Silber, Gold, Platin, Diamant und schließlich Champion. Die aktuell besten 20 Spieler sind sogar jederzeit über das Hauptmenü einzusehen. Für jede Liga, die wir erklimmen, bekommen wir vom Spiel eine Belohnung in Form von Gold oder Edelsteinen, mit denen wir gezielt oder zufällig neue Karten und Meister freischalten können.

Karten und Meister freischalten

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Rubine stellen die Echtgeldwährung dar, können von Zeit zu Zeit aber auch im Spiel verdient werden.

In Minion Masters bekommen wir auf verschiedene Arten Belohnungen. Es gibt drei verschiedene Währungen (Gold, Edelsteine, Rubine), die durch tägliche Aufträge, verschiedene Erfolge, Ligaaufstiege, den aktuellen Kampfpass und weitere Möglichkeiten gesammelt werden können. Mit Gold können wir uns entweder Tokens kaufen, die eine zufällige Karte beinhalten oder gezielt im Shop täglich wechselnde Angebote durchstöbern und dort einkaufen. Mit den blauen Edelsteinen werden entweder gezielt neue Meister freigeschaltet oder gezielt neue Karten hergestellt, die wir für unsere gewünschte Strategie benötigen. Dieses Prinzip funktioniert im Endeffekt genau wie der Staub in Hearthstone. Diese Möglichkeit unterbindet jegliche Form des Pay2Win, da selbst legendäre Karten mit etwas Zeitaufwand problemlos mit Edelsteinen gecraftet werden können.

Schneller geht das alles natürlich wenn wir auf Rubine zurückgreifen, die die Echtgeldwährung in Minion Masters darstellen. Diese bekommen wir nur schwierig und begrenzt im Spiel selber. Doch genau deshalb können darüber auch fast alle Inhalte direkt gekauft werden. Nötig ist dies aber keinesfalls, denn sowohl die wöchentlich wechselnden frei spielbaren Meister als auch die Standardkarten sind kompetitiv wertvoll und bringen uns – je nach Können – schnell voran. Sobald wir uns einen kleinen Kartenschatz und einen zusätzlichen Meister nach unserem Geschmack erspielt haben, ist Echtgeld ausgeben so oder so kein Thema mehr.

Minion Masters im eSport?

Wann ist ein Spiel für die eSport Szene relevant? Am einfachsten entwickelt sich in Spielen eine kompetitive Spielerschaft, wenn der Titel allen Spielern die gleichen Grundvoraussetzungen zum Sieg bietet, die relevanten Inhalte ausbalanciert sind und es taktischen Tiefgang erfordert um erfolgreich zu sein. Diese Grundvoraussetzungen bringt Minion Masters meiner Einschätzung nach allesamt mit. Zwei symmetrische Spielfeldhälften und eine Auswahl aus 142 Karten, von denen fast alle je nach Strategie kompetitiv sinnvoll nutzbar sind ebnen dem Spiel den Weg für eine potenzielle Zukunft im eSport.

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Je länger man sich mit dem Spiel beschäftigt, desto mehr merkt man, was es wirklich alles zu meistern gibt. Quelle: BetaDwarf

Natürlich besteht wir in jedem Deckbuilding-Spiel das „Problem“, dass jedes Deck schwächen hat und somit konterbar ist. Doch auch hier gibt es Mittel und Wege, beispielsweise mit einem Deck-Bannsystem, wie es Hearthstone bereits erfolgreich im eSport einsetzt, dieser Einschränkung zu begegnen. Ein erstes Turnier wurde es mit dem Minion Masters Snowsgiving Tournament über 26.500 Dollar Preisgeld ebenfalls schon erfolgreich veranstaltet.

Fazit

Entgegen des ersten Eindrucks ist Minion Masters keine billige MOBA-Kopie, sondern ein taktisch anspruchsvolles Echtzeitstrategiespiel. Der Mix aus Deckbuilding und Timing bietet ein ansprechendes und kurzweiliges Spielerlebnis, bei dem durch taktische Vielfalt keine Langeweile aufkommt. Auch das Zuschauen ist zumindest für Spieler des Titels wahnsinnig interessant. Über einzelne Schachzüge (ja, das Wort habe ich mit Bedacht gewählt) Fehler kann gefachsimpelt werden, da diese sofort einen extremen Einfluss auf das Spielgeschehen nehmen.

Durch das faire Bezahlmodell und vergleichsweise schnell freispielbare Karten kommt man schnell voran und auf eine Ebene, in der kompetitiv keine Nachteile mehr vorhanden sind.

Ein typischer Fall von „man kann in diesem Spiel extrem gut werden, wenn man sich nur damit beschäftigt“.

Minion Masters Release Trailer

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Jonas Walter
Jonas Walterhttps://www.gaming-grounds.de/
Jonas 'Syncerus' Walter ist seit 2010 im E-Sport-Journalismus aktiv. Nach Beteiligungen an diversen E-Sport-Projekten im redaktionellen Bereich wie MaseTV, ESC Gaming oder Team Vertex ist Gaming-Grounds.de nun die erste eigene Konzeption. Diese hat die Vision aktuell relevante Themen aus dem Gaming- und E-Sport-Bereich aufzugreifen und für Videospielbegeisterte an einem Ort zu konzentrieren.
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