Ein Plädoyer für Vereinsheime und Landeszentren im e-Sports

Timo Schöber hat sich abermals mit einem Thema beschäftigt, welches den deutschen e-Sports insbesondere auf lokaler und regionaler Ebene voranbringen könnte. Als Consultant veröffentlichte er bereits mehrere Publikationen zum Thema eSports und ist derzeit weiterhin als Head of Esportionary.net sowie Pressesprecher des eSports Nord e.V. aktiv. Zu seinen Veröffentlichungen zählt auch das Buch „Bildschirm-Athleten: Das Phänomen e-Sports“. Im heutigen Artikel nimmt er sich umfassend Vereinsheimen und Landeszentren im e-Sports an. Viel Spaß beim Lesen!


In der ganzen Bundesrepublik befinden sich gegenwärtig Vereinsheime in der Entstehung, in der Schleswig-Holsteinischen Hauptstadt Kiel ist gar ein Landeszentrum geplant. Warum derartige Einrichtungen und Strukturen nicht nur wichtig, sondern essenziell für den e-Sports sind, wird dieser Beitrag im Folgenden erörtern.

Breitensport als Grundlage für den e-Sports

Wie in einem anderen Beitrag erläutert, bildet der Breitensport das Fundament des e-Sports insgesamt, insbesondere ist er die Grundlage für den Profisport. Ohne Fans, Breitensportler und Amateure würde das komplette ökonomische System des e-Sports in sich zusammenbrechen. Die Monetarisierung des e-Sports erfolgt überwiegend auf Basis von Zuschauern, wie man es auch aus klassischen Sportarten kennt. Insgesamt finden sich im „Ecosystem e-Sports“ viele Parallelen zum klassischen Profisport, lediglich die Spielehersteller sind ein eindeutiges Alleinstellungsmerkmal des Pro Gamings.

Insofern ist es wichtig, dass Breitensportler, Nachwuchsspieler und deren persönliches Umfeld rechtzeitig abgeholt und durch Fachkräfte betreut werden.

Lokale und regionale Vereinsheime

Zahlreiche ehrenamtlich agierende und auf Gemeinnützigkeit ausgelegte Vereine, arbeiten tagtäglich daran, den e-Sports in der Gesellschaft und der Politik voranzubringen. Viele dieser Vereine verfügen inzwischen über eine umfassende Mitgliederstruktur, Kooperationen mit Unternehmen, Organisationen und Personen, sowie enge Verbindungen zu Schulen und Hochschulen.

Vereinsheime in Städten und Kommunen würden für die Vereinsmitglieder und e-Sportler aus der Region vor allem als Sozialisierungspunkte dienen, in denen sich die Spieler vor Ort treffen können, um gemeinsam zu spielen oder aber andere Aktivitäten ausüben zu können. So würde man die eSportler vom häufig alleinigen Spielen vor dem heimischen PC oder der Konsole via Internet wegholen und auch ganz analog in die Gemeinschaft des Vereins einbinden.

Darüber hinaus würden Vereinsheime als physische Standorte fungieren, um die Aufgaben und Ziele ehrenamtlicher e-Sports Vereine voranzutreiben:

  • Aufklärung und Beratung zum Thema e-Sports
  • Durchführung von Events und LAN-Partys
  • Jugendarbeit inklusive der Vermittlung von Medienkompetenzen
  • Suchtprävention für gefährdete Spieler
  • Elternabende und Besuche durch Schulen
  • Unterstützung von Hochschulen, insbesondere hinsichtlich der Forschung zum e-Sports
  • Begleitete Trainings für Jugendliche, Breitensportler und Amateure

Die Spinne im Netz: Landeszentren

Während sich in jedem Bundesland langsam ein Netz aus Vereinsheimen spinnt, würden Landeszentren in den jeweiligen Landeshauptstädten diese Fäden zusammenführen und als übergeordnete Instanz fungieren.

Derartige Einrichtungen hätten eine Strahlkraft weit über die Grenzen einer Landeshauptstadt hinaus, um vor allem auf der großen politischen Bühne den e-Sports voranzubringen und zu repräsentieren. Gleichzeitig wären die Kapazitäten in einem Landeszentrum deutlich größer, als in einem Vereinsheim, das kein komplettes Bundesland mit bestimmten Dienstleistungen zu versorgen hat, sondern vor allem eine bestimmte Region. Daher würden Landeszentren auch größere Projekte stemmen und die Vereinsheime aus dem ganzen Land mit Informationen versorgen, die vor allem die Landespolitik betreffen.

Schlussendlich würde ein Landeszentrum auch als sehr großes Vereinsheim funktionieren, inklusive aller Aufgaben, die auch Vereine zu erfüllen haben, nur eben gemünzt auf die Landeshauptstadt und einen umfassenderen Kontext. So würde man in einem Landeszentrum zum Beispiel Vertreter von landesweit bedeutenden Unternehmen und Organisationen hinsichtlich des e-Sports beraten.

Das erste deutsche Landeszentrum befindet sich aktuell in Kiel in der erweiterten Planungsphase.

Symbiose von Region und Land

Wer A sagt, muss auch B sagen. Die Schaffung von Landeszentren muss mit der vermehrten Implementierung und Etablierung von lokalen und regionalen Vereinsheimen einhergehen. Während ein Landeszentrum landesweit wahrnehmbar wäre, würden Vereine die Arbeit vor Ort in ihrer entsprechenden Stadt oder Kommune voranbringen. Ein Landeszentrum wäre also kein allsehendes Auge, sondern eine übergeordnete Instanz innerhalb landesweiter e-Sports Strukturen.

Im Umkehrschluss würden Vereine das Landeszentrum mit Informationen aus der jeweiligen Region versorgen und es dabei unterstützen, entsprechend alle Fäden richtig zusammenzuführen.

Die Politik ist gefordert

In Schleswig-Holstein, dem deutschlandweiten Paradebeispiel für e-Sports auf politischer Landesebene, sind für das Jahr 2019 stolze 500.000 Euro von der Regierung für die Förderung des e-Sports ausgelobt worden.

Derartige Unterstützungsmechanismen sind für den Breitensport wichtig, damit Strukturen geschaffen werden, die dem gesellschaftlichen Wachstum des e-Sports gerecht werden. Nicht nur der Profisport wächst jedes Jahr immens, sondern auch die Basis an Fans und Amateuren wird beständig größer.

Es ist wichtig, dass diese Menschen abgeholt und auf dem Weg des e-Sports in den richtigen Bahnen mitgenommen werden. Gleichzeitig ist die Aufklärung und Beratung zum Thema e-Sports äußerst relevant, um alle Interessierten, inklusive des persönlichen Umfelds von eSportlern, gut informieren zu können. Das gilt auch für Schulen und Lehrer, die den richtigen Umgang mit e-Sports lernen müssen, da sich dessen Relevanz für junge Menschen von Generation zu Generation erhöht.

Fazit

Die Ausarbeitung und Schaffung von „offizielleren“ Strukturen im e-Sports ist durchaus begrüßenswert, nicht zuletzt, um auch etwaigen Problemlagen, etwa dem Suchtpotenzial mancher Spielergruppen, besser begegnen zu können. Wichtig hierfür sind vor allem Vereinsheime, die direkt vor Ort als Anlaufstellen für e-Sportler fungieren, während ein Landeszentrum als übergeordnete Instanz alle landesweiten Fäden sinnvoll zusammenführt und bündelt.


Disclaimer: Der gesamte Beitrag bildet zu 100 Prozent die persönlichen Meinungen und Ansichten von Gastautor Timo Schöber ab und muss nicht zwingend mit der Position der gesamten Gaming-Grounds.de Redaktion übereinstimmen.

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Timo Schöber
Timo Schöberhttp://www.timoschoeber.com/
Timo Schöber ist Autor, Wissenschaftler und Hochschuldozent. Er ist Leiter der Denkfabrik Esportionary sowie als Berater unter anderem für Skillshot Consulting tätig. Er engagiert sich ehrenamtlich für den eSports Nord e.V.
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