Timo Schöber: E-Sport und Sprache – Chancen und Probleme

Wer kennt sie nicht? Die allgegenwärtigen verbalen Ausfälle von Mit- und Gegenspielern in Videospielen. Diesem Thema hat sich Timo Schöber aus persönlichem Interesse angenommen und verdeutlicht, dass sich das Verhalten und die „Toxicity“ sowohl auf die Wahrnehmung der Spieler innerhalb als auch außerhalb der E-Sport Szene auswirkt. Eine Kolumne.


„Das Menschlichste, was wir haben, ist doch die Sprache.“ – Theodor Fontane, deutscher Schriftsteller

Fontane, einer der wichtigsten Schriftsteller des 19. Jahrhunderts und Autor von Irrungen, Wirrungen, bringt es auf den Punkt: Sprache ist menschlich. Es gibt kein anderes Lebewesen auf der Erde, das so komplex und präzise kommunizieren kann wie der Mensch. Auch im E-Sport ist Sprache wichtig, wird aber dennoch häufig verkannt und falsch verwendet.

Darum ist Sprache im E-Sport wichtig

Die meisten großen E-Sport Disziplinen sind inzwischen teambasiert. Von den derzeit zehn erfolgreichsten E-Sport Titeln werden acht teilweise oder komplett in Teams gespielt. Mit VALORANT wird bald ein neunter Titel hinzukommen.

Viele dieser Spiele erfordern eine schnelle, präzise und kontinuierliche Kommunikation der Teammitglieder untereinander. Es gilt Taktiken und Strategien abzusprechen, Kombinationen richtig aufeinander abzustimmen und zeitliche Abläufe optimal zu koordinieren. Gerade MOBA-Spiele sind in ihren Abläufen häufig hochkomplex und funktionieren nur, wenn das Team sich innerhalb von Sekundenbruchteilen aufeinander verlassen kann.

Problemlage: Vulgarität und toxisches Verhalten

Viele werden das aus Onlinespielen kennen: Einige Gamer und auch E-Sportler nutzen eine in Teilen sehr vulgäre Sprache. Sie beleidigen und diffamieren andere Spieler, deren Freunde, Familien oder auch das eigene Umfeld. Das ist für mich persönlich einer der größten Störfaktoren im E-Sport.

Ich käme zum Beispiel nie auf die Idee etwas Negatives über meine eigene Familie zu sagen, die ich über alles liebe. Auch die Familien und Freunde anderer würde ich nie beleidigen. Das ist vermutlich eine Frage der Erziehung und der Gewohnheiten in der täglichen Kommunikation.

Teilweise mit der Vulgarität einher geht toxisches Verhalten, das aber auch noch andere Verhaltensmuster beinhalten kann. Gerade, wenn Partien nicht so laufen wie gewünscht, verfallen viele Spieler in ein Verhalten, das dem Spielfluss und dem Zusammenspiel im Team deutlich schadet. Andere Teammitglieder werden für eigene Fehler verantwortlich gemacht, die Gegenspieler werden bei jeder Gelegenheit als Cheater bezeichnet oder es werden Beleidigungen und Provokationen geäußert.

Problemlage: Festlegung auf eine Sprache

Im Rahmen eines Forschungsprojektes, das ich mitbetreut habe, hat sich eine Studentin die genutzten Sprachen im E-Sport einmal angeschaut. Im internationalen Raum werden ganz unterschiedliche Sprachen genutzt. Obwohl Englisch die im E-Sport weitgehend als „Language to speak“ anerkannte Sprache ist, weigern sich viele Spieler, gerade bestimmter Nationen, dies umzusetzen. Darüber hinaus ist Englisch im Übrigen die meist gesprochene Sprache der Welt, wenn man Erst-, Zweit- und Drittsprachler summiert – noch vor Mandarin und Spanisch.

Wenn nun aber jeder in seiner Muttersprache kommuniziert, dann versteht am Ende niemand mehr etwas. Das ist gerade in Teamspielen ärgerlich, wenn in Online-Partien Spieler zufällig einander zugelost werden.

Chancen: Sprache in der richtigen Weise nutzen

Zu meiner aktiven Zeit als E-Sportler habe ich sehr viel Englisch gesprochen. Das hat meinen Sprachkenntnissen und -fähigkeiten geholfen und diese stark verbessert. Es ist eine große Chance für Menschen, wenn sie Englisch nutzen müssen, um miteinander zu interagieren. Das verbessert das eigene Sprachverständnis und vergrößert den Wortschatz.

Das gilt auch, wenn man die eigene Muttersprache nutzt, sofern das Team, in dem man spielt, selbst aus Muttersprachlern besteht. Wichtig ist, dass Vulgarität und toxisches Verhalten abgestellt werden. Sprache ist grundsätzlich etwas Schönes, das es sich zu nutzen lohnt. Gerade komplexe Teamspiele können das eigene Sprechen und die allgemeine Kommunikation schärfen und schulen. Aber nur, wenn man nicht auf Gossenniveau miteinander spricht.

Fazit

Ich bin der Überzeugung, dass viele Menschen im E-Sport einmal ihre Kommunikation überdenken sollten. Unser Sport zeichnet sich auch dadurch aus, dass E-Sportler im Mittel deutlich gebildeter sind, als Enthusiasten in anderen Sportarten. Dies sollte sich auch in der verwendeten Sprache widerspiegeln.

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Timo Schöber
Timo Schöberhttp://www.timoschoeber.com/
Timo Schöber ist Autor, Wissenschaftler und Hochschuldozent. Er ist Leiter der Denkfabrik Esportionary sowie als Berater unter anderem für Skillshot Consulting tätig. Er engagiert sich ehrenamtlich für den eSports Nord e.V.
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