WoW Retail: Blizzard geht Großhändlern an den Kragen

Mit den wöchentlichen Wartungsarbeiten in World of Warcraft vom gestrigen Dienstag auf den heutigen Mittwoch hat sich etwas ganz Entscheidendes in der Retail-Fassung des Mmorpgs geändert. Zwar betrifft der Umbruch nur einen geringen Prozentsatz der Spieler aktiv, könnte aber deutliche Auswirkungen auf die Geldbörsen aller Auktionshaus-Einkäufer haben. Doch was ist eigentlich passiert?

Nachdem sich im nordamerikanischen Bug-Report Forum Spieler geäußert hatten, dass sie Auktionen seit dem neuesten Update nicht mehr wie gewohnt verwalten können, meldete sich Community-Manager ‚Kaivax‘ zu Wort. Demnach sei die Änderung beabsichtigt gewesen und richte sich vor allem gegen Großhändler, die den Hauptbestandteil des Traffics im virtuellen Auktionshaus verursachen. Was seit heute nicht mehr möglich ist, ist der schnelle Scan und der Umgang mit tausenden von Items.

Das bedeutet, dass vor allem Nutzer des beliebten Third-Party-Programms „TradeSkillMaster 4“, kurz TSM4, ihre Auktionen bei weitem nicht mehr so effizient verwalten können wir zuvor. Die sogenannte „gold making community“, also die Spieler, die WoW mehr oder weniger als reine Wirtschaftssimulation spielen, ist anscheinend ins Visier der Entwickler geraten.

Worum geht es?

Bisher konnten Spieler, die viele hunderttausende oder sogar Millionen von Gold im und mit dem Auktionshaus verdienten, über TSM4 ihre großen Warenkörbe verwalten. Oft listen diese Spieler mehrere Tausend Gegenstände zeitgleich auf ihren Servern zum virtuellen Handel. Um stets der günstigste Anbieter zu sein, bieten TSM4 aber auch andere Auktionshaus-Addons die Möglichkeit des sogenannten „Cancel-Scans“. So prüft die Software, ob ihr bei euren eingestellten Angeboten unterboten worden seid.

Sollte dies der Fall sein, könnt ihr die Auktionen per Mausklick abbrechen und im Anschluss nach einem Einstellungs-Scan erneut listen lassen. Aktive Händler nutzen diese Mechanik häufig dutzende Male pro Tag und für zahllose Gegenstände auf einmal.

Die Krux: Die Scans und Interaktionen der Clients mit den Servern verursacht eine große Last auf den Schultern der Infrastruktur von Blizzard. Deshalb haben sich die Verantwortlichen nun etwas einfallen lassen. Der Hotfix zielt darauf ab, das „Ungleichgewicht“ der großen Spielerschaft im Vergleich zur „kleinen Minderheit“ [Anm. d. Red: Die Großhändler und großen Goldverdiener] zu bekämpfen.

‚Kaivax‘ spricht dabei explizit von den über Addons automatisierten Vorgängen, die einen kompetitiven ökonomischen Vorteil für die Nutzer erzeugen und eine erhebliche Mehrbelastung für den Game Service bedeuten. Keines dieser Dinge sei für das Spiel als Ganzes gut, erläutert er.

Was ist anders?

Seit heute hat jeder Spieler deshalb ein sogenanntes „Budget“ an Auktionen, welches er pro Minute effektiv im Auktionshaus verwalten kann. Alle Aktionen darüber hinaus bekommen eine künstlich erzeugte Verzögerung von einigen Sekunden. Sollen nun also hunderte Seiten von gelisteten Gegenständen gescannt werden, dauert der Vorgang nun etliche Minuten, wenn nicht sogar über eine Stunde. Zuvor war dies in einem Bruchteil der Zeit möglich.

Nicht betroffen sein sollen von der Änderung alle Spieler, die das Auktionshaus im Spiel „typsich“ nutzen. Damit seien Vorgänge wie das Kaufen von Verbrauchsgütern, das Einstellen von gesammelten Materialien zum Verkauf und die gezielte Suche nach einzelnen Gegenständen gemeint. Für die meisten Spieler sollte es grundlegend unmöglich sein, die neuen Limits überhaupt zu spüren.

Das mag zunächst für die Nutzung des Auktionshauses stimmen, in den Preisen könnte sich der Hotfix allerdings deutlich bemerkbar machen. Denn größeres Angebot (durch die Großhändler) reduziert bekanntermaßen den Preis bei gleichbleibender Nachfrage. Solltet ihr also in diversen Rubriken von Items einen deutlichen Anstieg der Preise bemerken, wisst ihr nun woher dieser kommen könnte.

Nur ein „Startpunkt“

Endgültig sei diese Maßnahme allerdings nicht, betont ‚Kaivax‘. Die künstliche Limitierung sei ein erste Schritt und man freue sich auf Feedback aus der Community im Bezug auf die neue Erfahrung. Falls sich die aktuellen Gegebenheiten als zu strikt herausstellen sollten, wolle man die Maßnahmen wieder entspannen.

Da der zugehörige Thread im Blizzard-Forum ein gigantisches Ausmaß an Aufmerksamkeit und Kommentaren auf sich gezogen hat, wurde er mittlerweile geschlossen. Nach 494 Beiträgen war Schluss, da die Beteiligung weit über den Zweck eines Bug Report Forums hinausginge. Man beobachte die Auswirkungen der Anpassung genau und ziehe weitere Änderungen in Betracht, um die Nutzung angenehmer zu gestalten. Alles allerdings unter der Voraussetzung, die eigenen gesetzten Ziele zu erreichen.

Mittlerweile wurde ein neuer Thread eröffnet, in dem Spieler ihre Meinung zum geänderten Konzept mitteilen können. Dort haben sich bereits knapp 1.000 Kommentare angesammelt:

https://us.forums.blizzard.com/en/wow/t/auction-house-changes-yay-or-nah/557006

Auch die Entwickler von TSM4 selbst äußerten sich bereits zum neusten Stand:

The original post in the Bug forum has been locked, if you would like to share your feedback please do so politely in this thread https://t.co/hI1qZrA1uE

— TradeSkillMaster (@TSMAddon) June 16, 2020

Wieso überhaupt Gold verdienen?

Viele „Normalos“ werden sich nun fragen, wieso man in einem MMO überhaupt den Anspruch haben sollte, so viel Gold zu verdienen wie irgendwie möglich. Doch World of Warcraft stellt in diesem Genre eine ganz besondere Ausnahme dar und bietet gleich mehrere Aspekte, die bei dieser Frage bedacht werden müssen:

  1. Mit der nächsten Erweiterung „Shadowlands“ fliegt die Option zum normalen Kauf des Karawanenbrutosaurus für stolze fünf Millionen Gold aus dem Spiel. Das Mount ist das einzige, welches euch unterwegs Zugriff auf das Auktionshaus gewährt.
  2. Blizzard bietet seit mehreren Jahren den Umtausch von Gold in Spielzeit und umgekehrt an. Über die sogenannte „WoW Marke“ dürfen sich Spieler für momentan zirka 170.000 Gold einen Monat Spielzeit kaufen. Auch das Battle.net-Guthaben kann so mit bis zu 250 Euro aufgeladen werden.
  3. Mit dem im WoW erwirtschafteten Gold könnt ihr euch also indirekt alle im Battle.net angebotenen Dienste und Produkte kaufen. Seien es ganze Spiele, die kommende Shadowlands Erweiterung, Lootboxen in Overwatch, Kartenpakete in Overwatch, ein Diablo DLC oder Charakter-Transfers in WoW selbst.
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Jonas Walter
Jonas Walterhttps://www.gaming-grounds.de/
Jonas 'Syncerus' Walter ist seit 2010 im E-Sport-Journalismus aktiv. Nach Beteiligungen an diversen E-Sport-Projekten im redaktionellen Bereich wie MaseTV, ESC Gaming oder Team Vertex ist Gaming-Grounds.de nun die erste eigene Konzeption. Diese hat die Vision aktuell relevante Themen aus dem Gaming- und E-Sport-Bereich aufzugreifen und für Videospielbegeisterte an einem Ort zu konzentrieren.
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