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Unser freier Autor Timo Schöber befasst sich am heutigen Sonntag mit dem Status von Warcraft 3 Reforged. Nach dem enttäuschenden Release sieht Timo Hoffnung und Potenzial für eine erfolgreiche Zukunft des Spiels und ein Comeback des RTS Genres.
Was ist der Hype groß gewesen, als Warcraft 3 Reforged angekündigt worden ist – und wie viel größer war bei vielen die Enttäuschung, als Blizzard sich etwa mit unglücklichen Copyright-Regelungen unbeliebt gemacht hat.
Was für das Gaming an der ein oder anderen Stelle unschön sein mag, ist für den E-Sport aber häufig eher ohne Relevanz.
Warcraft 3 – Eine neue Referenz im E-Sport
Als das Spiel 2002 das erste Mal erschienen ist, waren die Echtzeitstrategiespiele (Real-Time Strategy, RTS) zusammen mit den Taktikshootern das dominierende Genre im E-Sport. Die beiden Giganten jener Zeit waren Counter-Strike (Taktikshooter) und StarCraft (RTS).
Dann erschien vom gleichen Hersteller wie StarCraft, Blizzard Entertainment, der inoffizielle Nachfolger des Spiels. Warcraft 3 ging dabei aber einige andere Wege, als es im RTS-Genre üblich gewesen ist.
Die Anzahl der maximal gleichzeitig auf dem Schlachtfeld vorhandenen Einheiten wurde deutlich reduziert. Gleichzeitig verlangsamte man das Spielgeschehen merklich. Es ging nun mehr ums Micromanagement, also die Steuerung einzelner Einheiten, als um das Makromanagement, also beispielsweise die Ressourcengewinnung.
Die größte Neuerung waren allerdings Helden, die als „Supereinheiten“ über Spezialfähigkeiten verfügten, gelevelt werden konnten und außerdem Gegenstände zu finden oder zu erwerben sowie einzusetzen vermochten.
Warcraft 3 war auch eine gute Plattform für Entwickler eigener Spielideen. Das heute wichtige E-Sport Genre der MOBAs hat mit der Warcraft 3 Mod DotA seinen Ursprung im RTS-Klassiker.
Im E-Sport selbst konnte Warcraft 3 nicht nur ans das erfolgreiche StarCraft anknüpfen, sondern dieses sogar übertrumpfen. Alle relevanten und großen Multigaming-E-Sport-Events hatten das Spiel im Portfolio. Mit dem Niederländer Grubby, dem chinesischen Spieler Sky und dem südkoreanischen Nachtelf-Genie Moon hatte die Szene außerdem ihre Superstars als Identifikationspunkte.
Der Schüler wird zum Meister: Die MOBAs
Mit League of Legends (LoL) erschien 2009 der erste relevante MOBA-Titel. Einerseits ist dies nach wie vor sehr erfreulich. Riot Games, der Hersteller des Spiels, hat den E-Sport durch LoL auf ein neues Level gehoben, vor allem in Sachen Vermarktung und Eventmanagement. Andererseits wurde mit dem Erscheinen von LoL der stückweise Niedergang des klassischen RTS-Genres eingeläutet.
Auch das 2010 erschienene StarCraft II vermochte dies nicht zu ändern, obwohl es von Blizzard explizit für den E-Sport entwickelt gewesen worden ist.
Die Renaissance
Seit einiger Zeit erfreuen sich Remakes klassischer RTS-Titel einer großen Beliebtheit. Age of Empires II, StarCraft Classic, Command & Conquer (Juni 2020) und andere Klassiker des RTS-Genres wurden als HD-Versionen neuaufgelegt.
Warcraft 3 bildet da keine Ausnahme. Das RTS-Genre insgesamt scheint sich nicht durch Neuentwicklungen, sondern durch eine Mischung aus Nostalgie und der Bewahrung des Bewährten auch im E-Sport etwas zu erholen.
Kritik an Warcraft 3 Reforged?
Als E-Sportler finde ich die Kritik an Warcraft 3 Reforged teilweise unangebracht. Vor allem, weil sie den E-Sport Aspekt des Spiels weniger trifft. Es ist nach wie vor ein herausragender RTS-Titel, der hervorragend ausbalanciert ist und trotz neuer Aufmachung das alte Spielgefühl zu transportieren vermag.
Die Kritik an den Copyright-Themen kann ich aber auch nur eingeschränkt nachvollziehen. Denken wir zurück: Warcraft 3 war die Brutstätte für das MOBA-Genre. Also für jenes Genre, das den „Untergang“ des RTS-Genres begründet hat. Wenn ich als Spielehersteller nun eben jenes RTS-Spiel neuauflege, dann würden doch – und da seien wir doch mal ehrlich – die meisten von uns dafür Sorge tragen, dass im Spiel nicht wieder „etwas“ entsteht, was unser eigenes Spiel obsolet macht – und auf das wir dann keinen rechtlichen Zugriff hätten.
Für mich persönlich spielt das aber ohnehin keine Rolle. Warcraft 3 Reforged ist ein RTS-Titel, der alles mitbringt, was es bedarf, um zu einer der ganz großen E-Sport Disziplinen zu werden.
Einzig die Servereinbrüche und technischen Fehler, sowie das ein oder andere leere Versprechen sind Dinge, die ich so von Blizzard eigentlich nicht gewohnt bin. Das hätte man nicht nur besser machen können – sondern müssen. Alleine schon, um der „Legende Warcraft 3“ gerecht zu werden.
Fazit
Pedro ‚LucifroN‘ Moreno Durán, Juan ‚VortiX‘ Moreno Durán, Dmitriy ‚Happy‘ Kostin, June ‚Lyn‘ Park, Yoan ‚ToD‘ Merlo – Namen wie Donnerhall, wenn man an Warcraft 3 und E-Sport denkt. LucifroN, VortiX und ToD waren inaktiv und/oder zeitweise in StarCraft II oder als Caster aktiv. Alle drei haben aufgrund von Reforged ihr Comeback in Warcraft 3 angekündigt.
Die ESL hat eine Masters-Serie ins Leben gerufen, gleichzeitig kehrt die Huya Super League zurück. Viele weitere Einzelspieler- und Teamligen sind angekündigt oder bereits am Laufen.
Warcraft 3 Reforged hat ein schon fast totgeglaubtes Genre wieder zum Leben erweckt. Warcraft 3 war zwar immer ein bißchen aktiv im E-Sport, zeitweise sogar mit einer Intensivierung der Aktivitäten, aber erst Reforged vermochte es dem Spiel als auch dem RTS-Genre wieder richtig Leben einzuhauchen.
Ich freue mich drauf!