GG Jahresrückblick: Gaming, eSports und Politik

Im Rahmen unserer sortierten Rückblicke auf das Jahr 2019 hat sich unser freier Autor Timo Schöber mit den für die eSport- und Gaming-Szene relevanten Ereignissen in der Politik beschäftigt. Welche Ereignisse waren in den vergangenen zwölf Monaten besonders wichtig, welche Dinge sind ihm besonders aufgefallen oder im Gedächtnis geblieben?

Wichtig ist an dieser Stelle: Der Gaming-Grounds.de Jahresrückblick erhebt in keinster Weise Anspruch auf Vollständigkeit. Das ganze Jahr steckte voll von Ereignissen, die in den verschiedensten Bereichen für diverse Akteure von unterschiedlich hoher Relevanz waren. Neben Themen wie der Verlängerung des gamescom-Vertrages, dem Deutschen Computerspielpreis, dem Deutschen Entwicklerpreis, der bundesweiten Games-Förderung, die nach langem Hin und Her doch erhalten werden konnte, dem Debüt der gamescom asia und vielen, vielen weiteren Ereignissen geht Timo auf seine persönlichen Eindrücke, seine Wahrnehmung und Priorisierung ein.

Nachfolgend lest ihr den ersten Teil des GG-Jahresrückblicks. In den nächsten Tagen dürft ihr euch auf die Themen „Das Spielejahr 2019“ sowie „Das eSport-Jahr 2019“ freuen, denen sich Alex und Jonas angenommen haben.

Das politische Jahr 2019: e-Sports und Gaming

2019 war ein spannendes Jahr in der politischen Landschaft, wenn es um den e-Sports und das Gaming geht. Es gab viele erfreuliche Entwicklungen, aber leider auch einen sehr einschneidenden Rückschritt.

eSports und Politik

Die wichtigste Errungenschaft ist mit Sicherheit die in Schleswig-Holstein ausgelobte e-Sports Förderung in Höhe von 500.000 Euro. Zuvor hatte es ein langes Ringen um das Für und Wider einer entsprechenden Förderung von Landesseite gegeben. Es hatte eine Anhörung in Kiel stattgefunden, bei der vielerlei Parteien befragt worden sind: Vertreter der e-Sports Szene, Sportvereine, der Jugendschutz und so weiter.

Im Ergebnis steht eine Fördersumme von einer halben Million Euro. Was soll mit dem Geld gemacht werden?

  • Unterstützung klassischer Sportvereine bei der Schaffung von e-Sports Räumlichkeiten.
  • Förderung eines reinen e-Sports Vereinsheims in Flensburg, organisiert und umgesetzt vom eSports Nord e.V.
  • Schaffung eines Landeszentrums für e-Sports in Kiel.
  • Finanzierung von e-Sports Fortbildungen.

Eine derartige Förderung ist in Deutschland einmalig. Vor allem die Freie Demokratische Partei (FDP) und der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) haben sich intensiv für den e-Sports im Land zwischen den Meeren eingesetzt.

Das Engagement des Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU) war leider zwiespältig. Zuerst sprach er sich für den e-Sports aus, um dann später eine Kehrtwende um 180 Grad zu machen und die (unsinnige) Haltung des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) zu übernehmen und zwischen e-Sports und „eGaming“ zu unterscheiden. Zuvor war Günther durch den Landessportverband Schleswig-Holsteins bearbeitet worden.

Dennoch wurde die e-Sports Förderung umgesetzt, allerdings nicht aus der Sport-, sondern aus der Wirtschaftsförderung heraus.

Der größte Rückschritt des Jahres war aber das Ausbleiben der Schaffung einer e-Sports Akademie an der Fachhochschule Westküste in Heide. Eine derartige Einrichtung wäre bundesweit ein absolutes Leuchtturmprojekt, mit Studiengängen, Forschungsarbeiten und vielerlei Synergieeffekten. Der Staatskanzlei in Kiel liegt seit Monaten ein ausgearbeitetes Konzept der Fachhochschule vor. Seither hüllt man sich in Kiel in Schweigen. Allem Anschein nach versucht man die e-Sports Akademie von politischer Seite aus auszusitzen. Warum sich Schleswig-Holstein eine derartige Chance entgehen zu lassen scheint bleibt nebulös.

Die FDP wiederum hat im November eine e-Sports Veranstaltung im Kieler Landtag abgehalten. Das Interesse war groß und auch Fragen zur e-Sports Akademie sind von den Zuhörern gestellt worden. Es bleibt abzuwarten, ob und inwieweit das Projekt doch noch umgesetzt wird. Zu wünschen wäre es dem e-Sports jedenfalls.

Während es im hohen Norden also in kleinen Schritten vorangeht und man auch dort mit Rückschlägen zu kämpfen hat, sieht es auf Bundesebene eher düster aus. Die vollmundigen Versprechungen des Koalitionsvertrages von 2018, in dem man e-Sports als Sportart mit einer olympischen Perspektive hatte zur Anerkennung verhelfen wollen, konnten bisher jedenfalls nicht einmal im Ansatz erfüllt werden. Im Gegenteil: Vor allem Vertreter der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) haben sich inzwischen klar vom Thema e-Sports distanziert.

Das politische e-Sports Jahr 2019 hinterlässt einen also mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

Gaming und Politik

Auf der gamescom 2019 waren sich Politiker aller Parteien weitgehend einig: Die Gaming-Branche solle gefördert werden. Nach der ersten Euphorie, die sicher auch mit der wieder einmal großartigen Messe einhergegangen ist, folgte bald darauf Ernüchterung. Erst sollte es gar keine Förderung geben, dann war von vergleichsweise kleinen Beträgen die Rede.

Im November 2019 dann die erfreuliche Überraschung: Von 2020 bis 2023 soll die Games-Branche in Deutschland mit jährlich 50 Millionen Euro gefördert werden, was einer Gesamtsumme von 200 Millionen Euro entspricht.

Felix Falk, der Geschäftsführer des game-Verbandes, äußerte sich dazu wie folgt:

„Die Absicherung ist ein starkes Signal für den Games-Standort Deutschland“, weiter hieß es: „Besonders mit der Festschreibung für die kommenden Jahre ermöglicht der Haushaltsausschuss des Bundestags die dringend notwendige Planungssicherheit.“

Und ja, die Förderung ist ein starkes Signal für die vielen Kreativen im Land, die die Gaming-Fans mit spannenden Spielen und neuen Ideen versorgen. Nicht zuletzt ist die Förderung auch eine Anerkennung des Kulturguts Spiel.

Die Förderung ist auch deshalb wichtig, weil fast alle anderen Nationen ihre Gaming-Branchen subventionieren. Ohne Förderung hätte Deutschland also eine entscheidenden Standortnachteil, mit allen daraus resultierenden Folgen: Abwanderung von Fachkräften und Unternehmen, Verteuerung von Prozessen, Absinken von Steuereinnahmen und Schwächung der inländischen Konjunktur.

Insofern war das Jahr 2019 für die Gaming-Branche aus politischer Perspektive sehr erfreulich.

Es bleibt spannend. 2020 wird sicher viele interessante Entwicklungen bieten.

Auch interessant:
Timo Schöber
Timo Schöberhttp://www.timoschoeber.com/
Timo Schöber ist Autor, Wissenschaftler und Hochschuldozent. Er ist Leiter der Denkfabrik Esportionary sowie als Berater unter anderem für Skillshot Consulting tätig. Er engagiert sich ehrenamtlich für den eSports Nord e.V.
- Werbung -spot_img

Letzte Artikel:

Besonders beliebt:

- Werbung -spot_img
StartArtikelGG Jahresrückblick: Gaming, eSports und Politik
Cookie Consent mit Real Cookie Banner