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Vor etwas über zwei Wochen (am 10. September 2020) kündigte Ubisoft den ersten Rainbow Six Siege World Cup an. Zwanzig Nationen werden im Sommer 2021 gegeneinander antreten und somit gemäß Ubisoft eine neue Wettkampfebene erreichen. Inwiefern diese Aussage zutrifft, ist allerdings bei weitem noch nicht klar. Wir schätzen das ganze ein und prüfen, ob Auswirkungen des neuen World Cups auf die kompetitive Szene möglich sind. Zunächst präsentieren wir jedoch erstmal die Fakten.
Der Rainbow Six World Cup ist ein unabhängiges Turnier und der erste länderbasierte Wettkampf. Zu diesem sind 14 Nationen eingeladen. Sechs weitere werden im Winter 2020 mittels Qualifikation bestimmt. Die eingeladenen Nationen sind Deutschland, Frankreich, das Vereinigte Königreich, Russland, die USA, Kanada, Brasilien, Australien, Japan, Südkorea, Spanien, Italien, Mexiko und Chinesisch Taipeh (Anm. d. Red.: vom Internationalen Olympischen Komitee konstruierter Name für die Republik China).
Zu den 31 Nationen, die im Winter die Qualifikation spielen, zählen unter anderem die europäischen Vertreter aus Finnland, Schweden, Dänemark, Österreich und der Schweiz. Mit 12 Ländern umfasst Europa den Großteil der an der Qualifikation teilnehmenden Teams, weshalb es dort zwei Slots zu erspielen gibt. Alle anderen Regionen kämpfen um jeweils einen Platz innerhalb der Finalrunde. Es folgt eine kurze Übersicht.
Die Teilnehmer in der Übersicht
-
Europa
Europa
LATAM
APAC 1
APAC 2
MENA
Finnland
Norwegen
Argentinien
Philippinen Bangladesch
Ägypten
Schweden
Belgien
Kolumbien
Indonesien
Indien
Saudi-Arabien
Dänemark
Österreich
Peru
Malaysia
Pakistan
Marokko
Polen
Schweiz
Chile
Thailand
Sri Lanka
Kuwait
Ungarn
Ukraine
Singapur
Palästina
Niederlande
Portugal
Irak
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Einfluss auf die kompetitive Szene
Blickt man auf die verschiedensten Varianten von World Cups in den beliebtesten Sportarten der ganzen Welt, dann fällt schnell einiges auf: Eine Weltmeisterschaft fasziniert. Sie begeistert, mobilisiert und sie wird deshalb häufig monetarisiert. Weltmeisterschaften und die dadurch entfachte Begeisterung gelten nicht selten als eine exzellente Möglichkeit des Geldverdienens. Mich beschleicht der Eindruck, dass der World Cup, den wir 2021 in Rainbow Six Siege sehen werden, ganz besonders darauf ausgelegt ist und nur geringfügig einem kompetitiven Gedanken entspringt. Dementsprechend scheint es naheliegend, dass der Wettbewerb lediglich überschaubaren Einfluss auf die Szene ausüben könnte. Doch woher rührt der Gedanke des geringen kompetitiven Nutzens?
Blicken wir hierzu auf die obige Liste der von Ubisoft eingeladenen Nationalteams und denen, die sich qualifizieren müssen. Viele der beteiligten und wichtigen Personen rund um die Szene äußerten in dem Zusammenhang nämlich berechtigte Verwunderung beziehungsweise Kritik.
Dies liegt vor allem daran, dass Finnland und Schweden den Weg über die Qualifikation gehen müssen, während Spanien und Italien eine direkte Einladung zu der Finalrunde erhielten. Okay, als zum Beispiel Fußballfan würde man jetzt vielleicht keine Auffälligkeit bemerken, doch wir sprechen schließlich nicht von einer konventionellen Sportart, sondern von Rainbow Six Siege.
Schweden und insbesondere Finnland können ein starkes Team stellen, das aus Spielern besteht, die seit Jahren auf höchstem Niveau spielen, sich etablierten, hielten und dort weiterhin vertreten sind. Im Vergleich dazu blicken wir auf Daniel ‘Goga’ Mazorra Romero. Der für Team Vitality spielende Spanier ist seit seiner Zeit bei PENTA und G2 Esports einer der erfolgreichsten Spieler des Spiels. Er ist allerdings auch der einzige Spanier mit diesem Status. Dies gilt bereits den Großteil seiner Karriere. Aber es kommt noch besser. Dadurch, dass Spanien auf ihn zählen kann, verfügen sie über genau einen erfahrenen etablierten Profi, der momentan auf höchster Ebene spielt, mehr als Italien.
Völlig richtig, es gibt derweil keinen italienischen Spieler einer obersten Liga. Die letzte Vertretung Italiens war Manuel ‘Sloppy’ Malfer, der zuletzt ein knappes halbes Jahr in Nordamerika bei Tempo Storm Fuß fasste, ehe er auch dort gehen musste. Nun ist er wieder für die italienische Organisation Mkers tätig und versuchte sich dort erfolglos an der Challenger League (CL) Qualifikation. Doch selbst wenn ihm die Qualifikation zur CL gelungen wäre, dann ist es von dort noch ein sehr weiter Weg bis in die oberste Spielklasse.
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Direkt aus dem Sammelkartenheft
Im Gegensatz dazu scheint das finnische Team nahezu gespickt mit Hochkarätern. Die Namen lesen sich für Rainbow Six Fans teilweise wie aus einem Sammelkartenheft: ‘Kantoraketti’, ‘UUNO’, ‘Sha77e’, ‘Bounssi’, ‘Pannari’, ‘jNSzki’, ‘Movetaho’, ‘Oskamoska’, ‘Stigi’, ‘Jonitr’, ‘Fonkers’ und ‘SlebbeN’. Das klingt eindrucksvoll. Einige dieser Namen sind mittlerweile schon wieder etwas verblasst, aber die Stars (und ehemaligen Stars) von G2 Esports dominieren immer noch. Doch auch die verblassten Namen weisen ein deutlich ausgeprägteres Portfolio und viel mehr Erfahrung auf höchstem Niveau auf, als mögliche Spieler der besagten Länder aus Südeuropa. Fans hoffen sogar auf eine Rückkehr von Niklas ‘Willkey’ Ojalainen als Coach.
Und wenn wir auf Schweden schauen, dann ist dort kein großer Unterschied. Mit Fabian ‘Fabian’ Hällsten finden wir dort nicht nur einen langwierigen Weggefährten von ‘Goga’, ‘Kanto’, ‘UUNO’ und ‘Sha77e’, sondern auch einen der besten Ingame Leader des Spiels. Er ist durch seine Zeit bei G2 Esports ebenfalls sehr erfolgreich und erfahren und steht Spaniens ‘Goga’ in nichts nach. Doch im Vergleich zu ihm bringt ‘Fabian’ ein ganzes Team mit. Und das schreiben wir nicht nur so, es ist wirklich ein Team. Die wohl wichtigsten Akteure Schwedens spielen oder spielten lange Zeit zusammen beim Chaos Esports Club. Dazu zählen ‘REDGROOVE’, ‘Renuilz’, ‘Secretly’ und ‘Vito’.
Auf talentierte und aufstrebende Spieler wie ‘MxKx’ gehen wir dementsprechend mal nicht genauer ein. Trotzdem stellt man schnell fest, dass der Vergleich Skandinavien gegen Südeuropa unfair wirkt. Was rechtfertigt also die Entscheidung, dass Spanien und Italien eingeladen wurden? Wir können nur spekulieren, aber es ist davon auszugehen, dass es eine Marketing Entscheidung war. Wo lässt sich der World Cup besser vermarkten?
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Das Problem an der Sache
Das Problem an der Sache ist, dass es nicht nur aus Sicht der beiden benachteiligten Nationen eine fragwürdige Entscheidung darstellt. Die in der Qualifikation vertretenen Nationen wie Polen, Ungarn und Belgien treffen dort auf eine echte Macht und müssen gegen große Namen kämpfen. Niklas ‘Pengu’ Mouritzen und dessen Dänen um Christian ‘Kapkan’ Steffensen haben mit lediglich einem gestandenen Profi nahezu die gleichen Voraussetzungen wie Spanien und Italien und stehen trotzdem jetzt schon mit dem Rücken zur Wand, da sie in die Qualifikation gegen Finnland und Schweden ran müssen. Also egal aus welcher Perspektive man es betrachtet, diese Entscheidung ist sportlich nicht gerechtfertigt.
Wie kann also ein Wettbewerb einen ernsthaft kompetitiven Einfluss ausüben, wenn er keinem sportlichen Gedanken, keinen sportlichen Entscheidungen zugrunde liegt? Das geht einfach nicht. Die in dem Fall kritische Einschätzung bedeutet also, dass das Format unter Umständen für diejenigen, die den Wettbewerb im Endeffekt austragen, keinen ernsthaften Anreiz neben dem Preisgeld bietet. Preisgelder gibt es auch bei Minors oder regionalen Turnieren zu gewinnen, während dabei wenigstens Praxis innerhalb des festen Teams und vor allem gegen die gewohnten Gegner gesammelt wird.
Außerdem besteht dort Möglichkeit neue Strategien zu testen, wie G2 Esports es zuletzt teilweise in der GSA League tat. Im Vergleich dazu besitzt der World Cup keine Nachhaltigkeit. Er ist für den Moment interessant. Anschließend verliert sich das Projekt in der Bedeutungslosigkeit, da die Profis wieder zu ihrem Alltag übergehen werden. Dieser Umstand hat auch zur Folge, dass wir möglicherweise nur bekannte Standard-Taktiken sehen werden, da niemand seinem Landsmann eine geheime Strategie seines Organisation Teams verraten möchte, wenn die wichtigen Majors vor der Tür stehen. Mag das ganze unterhalten? Wohlmöglich. Wird es taktische Maßstäbe setzen? Wohl kaum. Ist das Einladungs-Qualifikations-System fair und durchdacht? Definitiv nicht.
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Der World Cup: Kein nachhaltiger Einfluss?
Wir wollen ergebnisoffen und nicht zu kritisch sein sowie festhalten, dass der World Cup insbesondere für die Fans wahrscheinlich ein sehr interessantes Format darstellt und die Zuschauer begeistern kann. Allein die Überlegung welche Spieler aus welchen Teams sich für eine Nation zusammenfinden könnten macht Lust auf das Event und weckt das Interesse. Aus sportlicher Sicht wurden organisatorisch fragwürdige Entscheidungen getroffen und wir werden hier aller Voraussicher nach keinen Einfluss auf das tägliche kompetitive Treiben der Szene erleben.
Als Zuschauer muss man sich allerdings keine Sorgen darüber machen, dass keine neuen Strategien gezeigt werden, da die Meta momentan sehr Utility lastig ist. Klassische Gunfights sieht man momentan häufig in den letzten 20-30 Sekunden einer Runde. Das muss beim World Cup nicht zwangsläufig die Meta sein, da er nun mal diese Nachhaltigkeit nicht besitzt. Es könnte sein, dass gar nicht viel taktiert wird und wir völlig andere Spielstile sehen werden. Spielstile die deutlich offensiver und weniger verhalten sind – ein Pluspunkt für die Unterhaltung!
Spielstile die nicht nur den Profis selbst sondern auch den Fans mehr Freude bereiten, als die aktuelle Utility Meta der Profis. Es wird vielleicht kein ernstes oder wegweisendes, dafür jedoch ein unterhaltenes Turnier werden, das – sollte es offline mit Fans stattfinden dürfen – eine beeindruckende Atmosphäre und Stimmung vor, während und nach den Spielen schaffen kann.
Über Rainbow Six Siege
Wer nicht auf schnelles, hektisches und teils chaotisches Gameplay steht, ist im Taktik-Shooter Tom Clancy’s Rainbow Six Siege genau richtig. Entwickler Ubisoft Montreal und Publisher Ubisoft bieten auf dem PC, der PlayStation 4 und Xbox One einen sehr balancierten und sich stetig weiterentwickelnden E-Sport-Titel mit einzigartigen Mechaniken an, der jährlich mit dem großen „Six Invitational“ seinen Höhepunkt findet.