Wie angekündigt (hier) fand am gestrigen Donnerstag im Sportausschuss des Bundestags die öffentliche Anhörung zur Entwicklung des eSports in Deutschland statt. Der eSport-Bund Deutschland (ESBD) und die ESL hatten die Gelegenheit sich erneut klar zu positionieren in der immernoch schwelenden Debatte um die Anerkennung des eSports. Doch die Situation scheint festgefahren.

ESBD-Präsident Hans Jagnow kommentierte den Anhörungsverlauf im Nachgang so: „In der […] Anhörung hat sich offen dargestellt, dass wir an einem richtungsweisenden Punkt in der Debatte um eSport stehen. Wir haben heute klargestellt, dass wir eSport als einheitliche Sportart sehen und uns für eine nachhaltig Stärkung des eSports insbesondere in der Breite einsetzen. Die Bundespolitik muss jetzt endlich die entsprechende Maßnahmen umsetzen.“ Die Debatte zeigte aber noch immer eine klare Diskrepanz zwischen Ankündigungen und Umsetzung der Versprechen aus dem Koalitionsvertrag. Auch der DOSB hält klar an seiner Position fest und lehnt den eSport als Breitensport ab.
Zu den Äußerungen der Vorstandsvorsitzenden des DOSB, Veronika Rücker, in der Anhörung kommentiert Jagnow: „Der DOSB hat einmal mehr gezeigt, dass seine sportfachliche Position nicht belastbar ist. Die Trennung von Sportspielen und anderen eSport-Titeln kann nicht nachvollziehbar begründet werden. Wir sind der Überzeugung, dass eSport vom Menschen her gedacht werden muss und ein übergreifendes sportliches Profil hat. Wir suchen weiterhin den Dialog mit den offenen Akteuren im organisierten Sport. Voraussetzung dafür ist, dass uns auf Augenhöhe und mit Respekt für unsere sportliche Tätigkeit begegnet wird. Der heute vertretene Standpunkt des DOSB zusammen mit seiner Positionierung wird diesem Anspruch aber nicht gerecht. Das bedauern wir.“
Gewalt und dicke Kinder
Der sportpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Detlev Pilger, äußerte sich kritisch zur Anerkennung und ruderte vom Koalitionsvertrag zurück. Er stellt sich hinter die Ablehnung durch den DOSB, kritisiert „die Förderung von Gewaltspielen“ und führt die an Übergewicht leidenden Kinder an – diese sollten seiner Auffassung nach lieber durch konventionelle Sportvereine unterstützt werden.
Auch Johannes Steiniger (CDU), MdB, bezieht sich auf das Urteil des DOSB. Für ihn muss eine klare Abgrenzung her zwischen zum Beispiel „Gewaltspielen“ und Sportsimulationen. Diese Differenzierung sei wichtig: „Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit für Spiele, die explizit Gewalt beinhalten, sollte jedoch nicht zur Debatte stehen. Shooter-Spiele wie Counter Strike bewegen sich außerhalb der vom Sport akzeptierten und geförderten ethischen Grenzen.“
Dazu äußerte sich Jagnow wie folgt: „Wir haben heute die Koalitionsfraktionen an ihren eigenen Arbeitsauftrag erinnert, die sie sich selbst im Koalitionsvertrag festgeschrieben haben. Die vollständige Anerkennung von eSport als Sportart, wie sie dort festgehalten wurde, scheint hier leider in Vergessenheit geraten zu sein. Insbesondere die Position der SPD ist für uns ein klarer Bruch der Zusagen des Koalitionsvertrags und ein Vertrauensbruch gegenüber den Menschen, die darauf vertraut haben. Die vorgeschlagenen Lösungen der CDU sind nicht rechtssicher umzusetzen und bleibt hinter der versprochenen vollständigen Anerkennung als Sportart zurück. Die Koalition muss eine einheitliche Linie finden, die sich an der Vereinbarung des Koalitionsvertrages orientiert. Eine vollständige Anerkennung des eSports bedeutet den eSport in allen Facetten anzuerkennen. Das Bekenntnis zu eSport als eigene Sportart und die Wahrung der Selbstbestimmtheit der eSport-Bewegung muss im Mittelpunkt der geplanten Maßnahmen stehen.“
Rückhalt aus der Opposition
Die Grünen sehen genau in dieser Abgrenzung den Fehler, es könne nicht sein, dass man sich nur für einen Teil des eSports verantwortlich sehen würde. Sportpolitische Sprecherin Monika Lazar betonte, dass es vielmehr gerade jetzt ein gezieltes Vorgehen nötig sei, um auch für die Vereine Rechtssicherheit zu schaffen und diese als „gemeinnützig“ anzuerkennen. Dafür legte die Fraktion einen Maßnahmenkatalog vor: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/055/1905545.pdf
Auch Britta Dassler (FDP) sprach sich für eine weitere Förderung aus und kritisierte die Stellungnahme seitens CDU und SPD: „In einer digitalisierten Welt dürfen wir uns dem eSport nicht verschließen. Die Bundesregierung bleibt deutlich hinter ihren Versprechungen im Koalitionsvertrag zurück und hat bisher keine Perspektive für die Anerkennung von eSport als Sport geschaffen.“
Jagnow freute sich über den Zuspruch von FDP und Grünen: „Wir begrüßen die politischen Initiative und die Zielrichtung der Oppositionsparteien. Die Forderung nach Benennung eines konkreten und einheitlichen Ansprechpartners für den gesamten eSport innerhalb der Bundesregierung unterstützen wir ausdrücklich. Die Bundesregierung darf die Verantwortung für eSport nicht als ungewolltes Kind hin- und herschieben, sondern sollte eine konkrete Stelle für die Förderung der Entwicklung des eSports benennen.“
Die Anhörung wurde auch über die Webseite des Bundestages übertragen und durch den eSport-Bund Deutschland (ESBD) auf Twitch gestreamt. Über den Kanal des ESBD verfolgten knapp 1000 Menschen die Debatte, in der Spitze schalteten über 300 Menschen gleichzeitig ein.
Die Anhörung vor dem Bundestag im Video:
Anhörung zu eSport im Sportausschuss des Deutschen Bundestages von esportbund auf www.twitch.tv ansehen