Overwatch League: ‚xQc‘ und sein Einfluss auf Dallas Fuel (2018)

Dallas Fuel stand am Ende der Saison 2018 in der Overwatch League nicht sehr gut da. Gerade einmal den 10. von zwölf Rängen konnte das Team mit zwölf gewonnen und 28 verlorenen Maps erreichen. Und das, obwohl das Team durchaus mit eher guten Spielern besetzt war.

Die Geschichte von ‚xQc‘

Teil dieses Teams war seinerzeit Félix ‚xQc‘ Lengyel, der als Tank-Spieler in den Team-Farben des ehemaligen EnvyUs-Rosters antritt. Einer der größten ersten öffentlichen Aufreger in dieser Saison war wohl das unprofessionelle Verhalten von ‚xQc‘. Zu seinen Fehltritten gehörten homophobe Aussagen gegenüber eines Overwatch Kollegen, als auch Flüche in Richtung der Overwatch League Kommentatoren. Als Konsequenz kamen Geldstrafen in Höhe von 6.000 US Dollar und Sperren über mehrere Spiele auf Ihn zu, sodass ‚xQc‘ nach nur 135 Tagen vor Vertragsende am 11. März 2018 kurzfristig von Dallas Fuel entlassen wurde.

Es ist mir natürlich nicht möglich in die Interna der Organisation zu blicken, jedoch könnten diese Skandale auch innerhalb des Teams zu Unruhen, zur Störung der Team-Harmonie geführt haben. Wenn er nicht schon während seiner Teilnahme an den Trainings, der Spiele oder der Freizeitaktivitäten durch seine impulsiven Charakterzüge Unruhe brachte, dann führte schließlich doch sein Rauswurf zu einer neuen und ungewohnten Situation für das Team. Achtung, es handelt sich hierbei nur um Annahmen. Wie die tatsächliche Situation im Team war, lässt sich natürlich nicht so einfach beantworten. Insbesondere nicht als Außenstehender.

Teams wandeln sich – Coaching Perspektive

Wenn man durch die Overwatch League Teams stöbert stellt man fest, dass viele Mannschaften einem stetigen Wandel unterzogen sind. Spieler werden getauscht, Spieler werden zu Coaches, Spieler werden Streamer, Spieler werden rausgeworfen. Im Falle von ‚xQc‘ ist der Wandel im Team jedoch unter dramatischen Ereignissen passiert, weshalb sich sein Fall am besten aus Coaching Perspektive betrachten lässt.

Die Frage ist nun: Was macht es mit einem Team, wenn es innerhalb des Teams Probleme gibt, oder sogar die Besetzung des Teams verändert wird? Dieser Frage hat sich schon 1965 der US-Amerikanische Psychologe Bruce Tuckman gewidmet und entwickelte daraus ein „Phasenmodell für die Team-Entwicklung“. Häufig wird hier auch von der Team-Uhr nach Tuckman gesprochen.

tuckman
Quelle: Adam Pawlowski

Das Phasenmodell beschreibt in seiner ursprünglichen Form vier Phasen, die ein Team durchlaufen muss, bis es seine vollständigen Potentiale abrufen kann.

  1. Forming
  2. Storming
  3. Norming
  4. Performing

Im Jahr 1977 wurde das Modell durch eine fünfte Phase namens „Adjourning“ erweitert.

Einstiegs- und Findungsphase (Kontakt)

In der Forming-Phase sind sich die Teilnehmer noch unbekannt, es herrscht allgemeine Verwirrung innerhalb des Teams. Die einzelnen Rollen sind unter Umständen noch nicht geklärt und wie die einzelnen Teilnehmer so drauf sind, weiß auch noch keiner. Jetzt heißt es: Kennenlernen. Das Team sollte mit Hilfe des Coaches Regeln, Grenzen, Rahmenbedingungen und auch Ziele definieren, damit das Bild der gemeinsamen Einheit geschärft werden kann. Wenn dieses Bild nicht schon von Anfang an so klar wie möglich ausgearbeitet wird, kann es zukünftig passieren, dass unter individuellen Annahmen, Erwartungen nicht erfüllt werden. Unerfüllte Erwartungen führen zu Frust und Unmut. Und dass Frust und Unmut zur dunklen Seite der Macht führt, das muss ich euch nicht sagen. 😉

Auseinandersetzungs- und Streitphase (Konflikt)

Die Storming Phase ist mal ausgeprägter, mal weniger ausgeprägt und kann auch mal fast gar nicht wahrgenommen werden. Mögliche Konflikte sollten jedoch nicht unbeachtet gelassen werden. Denn sobald sich die Teilnehmer des Teams kennengelernt haben, fangen die ersten Spieler an, sich in ihrem neuen Umfeld sicherer zu fühlen. Das führt dazu, dass sie ihre eigenen Ziele und Werte aussprechen und diese auch deutlich zeigen (was natürlich völlig okay ist). So sollte es im Sinne einer kompletten Transparenz auch sein. Aber diese Aussprache individueller Vorstellungen kann zu Meinungsverschiedenheiten im Team führen. Wer will Main-Tank spielen, wer muss auf der Bench sitzen? Wer geht egoistischerweise „über Leichen“, nur um sein eigenes Kill/Death-Verhältnis zu pushen? Diese Art von Konflikten sollten erkannt und schnellstmöglich geklärt werden.

Wenn das Team mit empathischen Spielern besetzt ist, sollte sich diese Phase schnell erledigt haben. Bei Spielern mit schwierigeren Charakterzügen (z.B. ‚xQc‘?) kann es passieren, dass das Team immer und immer wieder in genau diese Phase zurückfallt. Dieses ständige Bearbeiten von Konflikten führt wiederum auch zu Frust, welcher schädlich für das Team-Gefühl und die zukünftige Entwicklung des Teams ist.

Regelungs- und Übereinkommensphase (Kontrakt)

Wenn alles gut gelaufen ist, müsste sich das Team nun in der Norming-Phase befinden. Die anfänglichen Konflikte wurden ausgetragen und alle Teilnehmer sind mit dem aktuellen Modus zufrieden. Alle nötigen Regeln wurden unter gemeinsamer Zustimmung sichtbar gemacht und es setzt eine allgemeine Harmonie im Team ein. Jetzt kann sich das Team verstärkt um das Erreichen der gesetzten Ziele kümmern.

Arbeits- und Leistungsphase (Kooperation)

In der Performing Phase ist es das höchste Ziel die höchstmögliche Leistung des Teams abzurufen. In der Regel pendelt sich die Leistung auf einem Niveau ein, sodass ab hier mit kleinen Schritten (Kaizen) stetig nach Bestleistung gestrebt wird. Die Teilnehmer verstehen ihre Mitspieler und können derer Schwächen mit Ihren Stärken ausgleichen, wissen aber auch, dass dies auf Gegenseitigkeit beruht. Die Teammitglieder respektieren, wertschätzen sich und erkennen einander an.

Es herrschen Werte, die ein gemeinsames Wachstum fördern. Am besten lässt sich erkennen, ob das Team in der Performing Phase angekommen ist, wenn die Gesamtleistung des Teams größer als die Summe der einzelnen Spielerleistungen ist. Genau dann funktioniert ein Team.

Auflösungsphase

In einigen Fällen kommt die Auflösungsphase beziehungsweise die Adjourning Phase ins Spiel. Es handelt sich hierbei um den Zeitraum, in dem entweder das gesamte Team oder wesentliche große Bestandteile des Teams sich aus diversen Gründen auflösen müssen. Wenn gewisse Dinge nicht verarbeitet werden, können diese Wechsel sowohl im verbleibenden Team, sofern es noch existiert, oder aber auch bei den Einzelspielern Nachwirkungen haben.

Fragen wie, „Was passiert danach?“, „Was sind die Gründe dieser Auflösung?“ und „welche Lektionen können wir als Team aus unserer gemeinsamen Zeit ziehen?“, sollten beantwortet werden. Das Hilft allen Beteiligten einen Schlussstrich ziehen zu können und in ihrer nächsten Station ordentlich einzusteigen. Im Idealfall besser als je zuvor!

Zusammenfassung

Ein Team durchläuft einige wichtige Stationen während seines Lebenszyklus. Es ist wichtig zu erkennen, dass diese Darstellung nach Tuckman eine lineare Darstellung ist. In der Realität spielen sehr viele Faktoren eine Rolle und es lässt sich nicht eindeutig sagen, in welcher Phase sich das Team nun befindet. Teile des Teams können bereits funktionieren, während andere Teile noch stark unter Konflikten leiden.

Es gibt diverse Techniken und Methoden, die ein Coach mitbringen muss, um dem Team dabei zu helfen sich reflektieren zu können, in welcher Phase sich das Team befindet, und mit welchen Maßnahmen der nächste Schritt erreicht werden kann. Genauso wichtig ist das Verständnis, dass das Team durch jeden internen Wechsel in seiner eigenen Phase zurückgeworfen werden kann. Dann müssen sich die Spieler neu kennen lernen, erneut die Regeln besprechen und erneut einen Einklang finden, in dem sie als Summe emergent funktionieren. All das, um endlich wieder zu „performen“.

Wie es nun im Falle von ‚xQc‘ und Dallas Fuel wirklich gewesen ist, kann ich nicht sagen. Es kann aber durchaus sein, dass durch die Spielerwechsel und durch den impulsiven Charakter von ‚xQc‘ die Team-Uhr nach Tuckman ordentlich durcheinander gebracht worden ist und sich länger in der Storming Phase befunden hat, als nötig. Mit Sicherheit war es aber ein Teil der Probleme von Dallas Fuel in der 2018er Saison.

Im Video: Overwatch League: xQc’s Einfluss auf Dallas Fuel (2018)

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Adam Pawlowski
Adam Pawlowskihttps://www.gaming-grounds.de/
Adam 'PAWL' Pawlowski (geboren 1985) ist sozusagen ein Veteran in der Gaming-Landschaft. Nicht nur als Gamer seit 1997, sondern auch als Entwickler konnte er an beruflichen Stationen bei Größen wie Electronic Arts und Ubisoft Erfahrungen sammeln. Dort war er an der Entwicklung von bekannten Titeln wie beispielsweise "Command & Conquer: Tiberian Alliances" und "Might & Magic: Heroes" beteiligt. Seit einigen Jahren ist Adam primär als Team-Coach bei der Deutschen Telekom unterwegs und hilft Teams und Einzelpersonen dabei, unentdeckte Potentiale zu ergründen und diese auch zu verfolgen. Sein Know-How aus der Games-Branche kombiniert mit jeder Menge Coaching Expertise stellt den Fokus seiner Leidenschaft dar, die er auf YouTube, Twitch und nun auch hier auf Gaming-Grounds.de teilt.
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