Biomutant Horror-Wertungen: Ist das Spiel wirklich so schlecht?

Heute ist Dienstag, der 25. Mai, vielerorts scheint die Sonne, es ist ein schöner Tag. Aber viel wichtiger: Das lange herbeigesehnte Biomutant erscheint endlich! Doch was ist das? Bereits seit dem Vorabend plätschern die ersten Tests und Wertungen ins Netz, diese überschlagen sich nicht gerade mit Lob – es gibt sogar richtige Horrorwertungen.

Schaut man auf Metacritic, dann pendelt sich das Spiel im Durchschnitt bei vielleicht Mitte 60 von 100 möglichen Punkten ein. Das ist nicht gerade die bombastische Wertung, die man erwartet hätte, immerhin warten Fans doch schon so lange auf das Rollenspiel aus dem Hause THQ Nordic und dem schwedischen Entwicklerstudio Experiment 101.

Selbst ein wenig schockiert über die harschen Wertungen der Kollegen, wollen wir heute mal einen Blick auf das Spiel mit den putzigen Fellmutanten werfen. Auch erklären wir, warum unser Spieletest noch ein wenig mehr Zeit braucht und ob man nun einen großen Bogen um Biomutant machen muss.


EDIT: Hier findet ihr unseren Biomutant Test – tatsächlich fällt unsere Wertung positiver aus.


Biomutant Wertungsspiegel

Die Fachpresse hat das Spiel bereits vor dem Release in die Finger bekommen, passend dazu gab es einen kleinen Review-Guide. Die Wertungen, die nun zum Release eintrudeln, sind relativ breit gefächert. Während das Wertungsspektrum für die meisten Spiele heutzutage vermutlich  bei 70 beginnt und bis hoch zu 90 reicht – in wirklichen Ausnahmefällen auch mal mehr – zeigt Biomutant eine ganz andere, gigantische Bandbreite von 40 bis 88.

Das macht irgendwie stutzig, in den meisten Fällen sollte es der Fachpresse doch eigentlich leichter fallen, einen eindeutigeren Konsens über ein Spiel zu finden. Offensichtlich spaltet Biomutant die Lager ordentlich. In der deutschen Presse wird Biomutant zumeist sehr kritisch betrachtet, so wollen die Kollegen bei Gamepro das Spiel zum Beispiel gleich in die „Biotonne“ stecken, verpassen Biomutant erst mit 55 einen Tiefschlag und setzen dann mit einer zusätzlichen Abwertung auf 45 (wegen technischer Mängel auf der PS5) zum Knockout an. Etwas zaghafter geht es bei Gamestar zu, da gibt es immerhin 68 % für die PC-Version, PC Games greift auch eher zum Holzhammer und stampft mit 5 von 10 Punkten los.

Normalerweise sollten solche Wertungen eigentlich bedeuten: Finger weg! Doch ist das Spiel wirklich so schlecht oder hat es vielleicht einen bestimmten Grund, warum der Unterschied bei den Wertungen so hoch liegt? Schauen wir uns vorerst die Kritik an.

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Die Kritik: Licht und Schatten

Liest man sich die kritischen Stimmen durch, dann zeichnet sich eigentlich ein klares Bild ab: Die Entwickler sind noch nicht ganz fertig und müssen noch Zeit in das Spiel stecken. Die Rede ist von technischen Mängeln auf manchen Plattformen, es gibt Bugs, Glitches (wie Clipping-Fehler). Auch das Balancing scheint noch nicht ideal. Neben interessanten Charaktervariationen gibt es etliche Spielmechaniken, in denen man sich verlieren kann. So zum Beispiel eine komplexe Charakterprogression, deren Auswirkung allerdings noch nicht immer spürbar genug ist.

Die Spielgrafik wird einerseits gelobt, wegen ihrer stimmungsvollen Lichteffekte, andere beschreiben die Texturen als matschig. Definitiv entfaltet sie aber eine eigene Ästhetik, die sich zum Beispiel im vielfältigen Aussehen des Charakters widerspiegelt. Je nach Ausrüstung und Bewaffnung und den gewählten Charaktereigenschaften erhalten wir eine völlig individuelle Figur: bunt und abwechslungsreich.

Besonders nervig empfinden die meisten Spieler die Art der Erzählung. Während man die Welt durchstreift, wird man kontinuierlich von einem Erzähler aus dem Off mit Weisheiten und Phrasen bombardiert, die zwischen fernöstlichen Glückskekssprüchen und lautmalerischen Kalauern variieren. Die Entwickler sind sich offensichtlich bewusst gewesen, dass dies auf Dauer eventuell ein bisschen zu viel des Guten sein könnte und haben in den Einstellungen bereits eine Funktion eingebaut, um die Frequenz des Sprechers zu drosseln.

Überhaupt wird die Story getragen von ziemlich abstrusen Dialogen, welche ebenfalls vom Sprecher übersetzt und vorgetragen werden, da die Fellwesen nur eine Fantasy-Sprache nutzen. Der leicht abgehackte Yoda-Kung-Fu-Film-Sprech kann schnell eintönig werden. In den generischen Dialogen kann man meist noch zwischen verschiedenen mehr oder weniger passenden Antworten wählen. Irgendwie wirken die Gespräche aber wenig natürlich und blocken durch ihre Länge oft den Spielfluss. Auch beweisen die Entwickler einen kruden Sinn für Humor, so erinnert einer der Charaktere gleich am Anfang des Spiels an den King Elvis Presley – dieser spricht natürlich in passendem Knödel-Singsang.

Die Story wirkt auf manche Tester relativ plump: ein Umweltdrama. Die Menschheit hat alles durch die Industrie zugrunde gerichtet, die überlebenden Tiere sind mutiert und müssen nun mit den Auswirkungen leben. Über die Vergangenheit lässt sich an verschiedenen Stellen im Spiel mehr erfahren, den meisten Kritikern reicht dies aber nicht aus für ein Rollenspiel.

Überhaupt ist die Frage, was man sich unter Biomutant vorstellen soll. Als Rollenspiel ist das Balancing noch nicht ausgegoren genug, Action ist vorhanden wird aber nur in kleinen Häppchen serviert. Bleibt also Exploration und das Abarbeiten von Nebenquests und Sammelaufträgen. Das schmeckt mit Sicherheit nicht jedem Spieler. Biomutant ist außergewöhnlich und strahlt eine gewisse Magie aus, kommt im Vergleich mit anderen Open-World-Krachern aber nicht gut weg. Vermutlich ist es ein Spiel, dass man entweder hasst oder liebt genau dafür wie es ist.

Wir nehmen uns Zeit

Trotz der vielen negativen Aspekte bietet Biomutant also auch einiges an interessanten Aspekten. Wir wollen uns definitiv noch mehr Zeit nehmen, um die verschiedenen Mechaniken auszuprobieren und werden dann ein abschließendes Urteil fällen. Einige der nervigen Kritikpunkte sind tatsächlich störend, was bleibt, ist aber immer noch ein erfrischend anderes Spiel, das sich durchaus aus der breiten Masse abhebt.

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Kein AAA-Titel, aber Vollpreis

Man kann natürlich nur spekulieren, warum es zu so diversen Wertungen kommen kann. Sehr wahrscheinlich waren die Erwartungen an das Spiel einfach zu hoch. Wenn man dem Team aus Entwickler Experiment 101 und Publisher THQ Nordic vielleicht einen Vorwurf machen kann, dann vermutlich, dass das Spiel mit einem Vollpreis von 60 Euro zu hoch angesetzt ist.

Jeder Euro lässt sich sicherlich immer durch die Entwicklung rechtfertigen, gerade bei einer längeren Produktionszeit, wenn man sich allerdings im preislichen Segment eines AAA-Titels bewegt, dann setzt man sich auch einer entsprechend kritischen Bewertung aus. Das Spiel wird direkt mit Produktionen verglichen, an denen gigantische Riesenteams arbeiten.

Ein ähnliches Szenario gab es zum Beispiel bei Ancestors: The Humankind Odyssey: Ein sehr innovatives Spiel mit vielen neuen Mechaniken, dem es allerdings an Balancing fehlte. Hier und da hat sich das Spiel einfach etwas verkünstelt. Das trifft vermutlich auch auf Biomutant zu. Es steckt einfach so viel an Mechaniken in Biomutant, dass schnell der Vorwurf „viel, aber nichts richtig“ im Raum steht. Zum Vergleich: Ancestors kostete beim Release „nur“ 40 Euro.

Biomutant bietet zwar, was es versprochen hat, anders als wir es bei einem No Man’s Sky Release erleben durften, der Preis dürfte allerdings einfach zu hoch liegen. Für 25 bis 30 Euro hätte es vermutlich weniger harsche Kritik gehagelt, dann wäre klarer ersichtlich gewesen, dass das Spiel nicht auf gleiche Stufe mit anderen AAA-Titeln zu setzen ist. Mit Sicherheit hätte man dann auch leichter über die eine oder andere Schwäche hinwegsehen können.

Hat Biomutant eine Chance?

Aktuell muss man sich wohl genau überlegen, ob man sein Geld in Biomutant anlegen möchte oder nicht. Es ist anzunehmen, dass sich noch einiges am Spiel tun wird, hier werden mit Sicherheit noch Patches folgen. Da es sich allerdings um eine Einzelspielererfahrung handelt, stellt sich die Frage, ob man dann nicht noch ein bisschen mit dem Kauf wartet bis Biomutant verbessert wurde und sich womöglich im Sale befindet.

Da haben es Online-Games ein wenig einfacher. Die Entwickler haben definitiv mehr Zeit an ihrem Spiel zu arbeiten und können es kontinuierlich nachpatchen. Schaut man, mit welchen Fehlern die Spieler dort teilweise leben müssen, kommt einem die Kritik, beispielsweise am Balancing von Biomutant, wieder etwas weniger schlimm vor. Doch die Frage ist, ob man bereit ist, solange darauf zu warten.

Wir sind gespannt, was die ersten Patches bringen werden, ob es noch einen Preisdrop gibt, schreiben Biomutant allerdings noch nicht ganz ab – es hat definitiv seinen Charme.

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Alexander Panknin
Alexander Pankninhttps://www.gaming-grounds.de/
1985 geboren. Mit Doom, Quake und SNES aufgewachsen. War selbst in der Indiegames-Szene aktiv und schreibt nun auf gaming-grounds.de über seine große Leidenschaft: Videospiele.
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